Mitternachtstorte: Prolog 1
Sie half ihrer Großmutter sich aufzusetzen und schüttelte dann, schnell aber sacht, ihr Kissen aus. "Da waren drei Leute, Spatz. Drei. Der eine war eine lebende Marionette, mit weißer Farbe im Gesicht und strubbeligem weißem Haar. Die andere war eine, wie sagt man das nochmal? Ah, Hermaphrodit! Ja, Ja, sie war ein Hermaphrodit. Mit gelben Augen und einem bemalten Mantel. Hach, der war so schön. Wie die Bilder von deiner Mama, als sie noch klein war. Hmh. Und die dritte ... Oh nein, ich erinnere mich nicht mehr."
Sie stützte sie beim Zurücklehnen und zog dann behutsam die Decke wieder zurecht. Dann streichelte sie lächelnd die Wange ihrer Großmutter, mit ihren wunderschönen Falten und folgte ihren wachen Augen nach draußen.
"Es wird Herbst, Oma." Lächeln, eine ferne, sanfte Stimme. "Es war immer schon Herbst, Spatz." Stille, jemand geht draußen durch den Flur und bringt die Bodendielen zum sprechen.
"Du kennst den Ort, Kleine. Es ist bei diesem Abenteuerspielpatz, irgendwo da im Forst und in der Heide." Oma kramt ihre Hände unter der Decke hervor und verschränkt sie nachdenklich vor der Brust. "Da ist eine Unterführung, fast gänzlich mit Sand verstopft. Man müsste kriechen ... Aber da sind sie durch, die zwei und einer. Mensch, wer war denn nochmal der dritte?"
Sie schüttelt sich die Puschen von den Füßen und klettert dann mit auf das große Bett, legt sich neben ihre Großmutter, nimmt ihre Hand und schaut mit ihr aus dem Fenster. Denkt darüber nach was vom Herbst geblieben sein wird, wenn sie selber mal alt wird. Mit dem Klimawandel und allem.
"Auf der anderen Seite war ein warmer Wald voller Mücken. Sie sind noch da, Kindchen. Und sie fragen mich,ob ich auch kommen will. Meinst du ich solls versuchen, Spatz?"
"Dann ziehen wir dir aber vorher ne Jacke an, Oma."
Und beide lachen leise.